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„Wertschätzend entlassen, gezielt vermitteln: Wie wir Arbeitswandel menschlich gestalten können“

  • Autorenbild: Viktoria Mazurs-Sawall
    Viktoria Mazurs-Sawall
  • 6. Juli
  • 3 Min. Lesezeit

Er ist omnipräsent: der Abbau von Arbeitsstellen in Deutschland. Kaum eine Woche vergeht ohne neue Schlagzeilen über Kündigungswellen, Standortschließungen oder Einsparprogramme.

Da stellt sich die Frage: Braucht es in Zeiten wie diesen, in denen Personalabbau dominiert, überhaupt noch (Personal-)Vermittlung?


Wenn Menschen betroffen sind – ganz persönlich

Arbeitswandel menschlich gestalten
Arbeitswandel menschlich gestalten

Ein Bekannter von mir aus dem technischen Service berichtet, dass in seinem Unternehmen über 40 % der Belegschaft freigesetzt wurden. Er selbst gehört zu den wenigen Schlüsselpersonen, die bleiben müssen – weil auf ihre Fähigkeiten schlicht nicht verzichtet werden kann.


Ein anderer, tätig in der Automobilindustrie, erzählt, dass bereits mehrere Hundert Engineering-Kräfte entlassen wurden – und in der Produktion könnten bald bis zu 50 % der Stellen folgen. Auch er ist betroffen und muss sich nun neu orientieren.

Das sind keine Einzelfälle – sondern deutliche Symptome eines strukturellen Wandels, ausgelöst durch geopolitische Unsicherheiten, Transformationsdruck und wirtschaftliche Umbrüche.


Ein paar Zahlen aus 2025 – düstere Prognose


Die aktuellen Statistiken bestätigen, was viele bereits spüren:

  • In der Industrie wurden bis zum Frühjahr 2025 mehr als 100 000 Arbeitsplätze abgebaut; bis zum Jahresende könnten weitere 70 000 folgen (The Finance Story, 2025).

  • In der Automobilbranche sind rund 45 400 Stellen weggefallen – vor allem bei Bosch, Continental und anderen großen Zulieferern, die in Forschung, Entwicklung und Verwaltung massiv kürzen (The Finance Story, 2025).

  • Siemens kündigte im März 2025 an, in seinem Bereich „Digital Industries“ allein in Deutschland 2 600 Stellen zu streichen (Reuters, 18.03.2025).

  • Auch bei DHL fallen im Laufe des Jahres rund 8 000 Jobs weg (The Finance Story, 2025).


Und dennoch: Der Arbeitsmarkt bleibt paradox


Trotz dieser massiven Entlassungswellen gibt es gleichzeitig einen spürbaren Fachkräftemangel.

Laut Eurostat waren im März 2025 in Deutschland 1 165 684 Stellen unbesetzt – insbesondere in Bereichen wie Pflege, Handwerk, Logistik und IT (Trading Economics / Eurostat, März 2025).


Ein Beispiel aus der Nachbarschaft


Ein Bürgermeister einer benachbarten Gemeinde berichtete mir kürzlich, wie er händeringend Personal für die Müllentsorgung suchte. Doch: Kein einziger einheimischer Arbeitsloser zeigte Interesse.

Am Ende wurden fünf ausländische Fachkräfte mit gültiger Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis eingestellt.


Was sagt uns das?

Der Bedarf an Arbeitskräften bleibt – wenn auch anders verteilt.

Nicht unbedingt in den Büros, aber sehr wohl in technischen, logistischen und systemnahen Berufen.


Was wir jetzt brauchen: Würde im Wandel


Angesichts dieser wirtschaftlichen Realität – und ja, meiner eher pessimistischen Einschätzung für die nahe Zukunft – ist aus meiner Sicht entscheidend, wie wir mit den Menschen umgehen, die betroffen sind.


Ich habe selbst erlebt, wie belastend eine Kündigung sein kann – nicht nur für die Einzelperson, sondern für ganze Familien. Unsicherheit, Scham, Existenzängste: All das wird oft unterschätzt.

Deshalb setze ich mich für einen würdigen Umgang mit Entlassungen ein – und für Instrumente, die diesen Wandel abfedern, statt nur zu verwalten.

Ein bewährter Ansatz dafür ist: Outplacement.


Was ist Outplacement – und warum ist es so wichtig?


Outplacement bedeutet, dass Unternehmen entlassenen Mitarbeitenden eine professionelle Begleitung anbieten, um ihnen den Weg in eine neue berufliche Zukunft zu erleichtern – anstatt sie einfach „fallen zu lassen“.


Diese Unterstützung kann beinhalten:

• Individuelles Karriere-Coaching

• Bewerbungstrainings und Interviewvorbereitung

• Unterstützung bei der Stellensuche

• Zugang zu beruflichen Netzwerken

• Psychologische Begleitung während der Trennungsphase


Das Ziel: Menschen auffangen, Orientierung geben, neue Chancen eröffnen – und gleichzeitig das Unternehmen als verantwortungsvollen Arbeitgeber positionieren.


Fazit: Vermittlung bleibt unverzichtbar


Ja – wir erleben eine Phase des Umbruchs, die viele Jobs kostet.

Und ja – es bleiben gleichzeitig hunderttausende Stellen unbesetzt.


Zwischen diesen beiden Polen braucht es Menschen, die vermitteln:

Personalvermittlungen, Outplacement-Beraterungen, Coaches – und Unternehmen, die mehr tun als bloß Kündigungsschreiben verschicken.


Und doch frage ich mich:

  • Kann eine Kündigung überhaupt jemals würdevoll sein?

  • Kann ein Unternehmen glaubwürdig und verantwortungsvoll mit so einem Einschnitt umgehen – ohne das eigene Image zu beschädigen?

  • Können offene Stellen überhaupt durch inländische Kräfte besetzt werden, wenn diese sich weigern wie im Falle meiner Nachbarschaft?

  • Wie sinnvoll sind Umschulungen – und wer hilft, sie auch wirklich wirksam zu gestalten?



Wie schätzen Sie die Lage ein?


Herzlichst, Ihre Viktoria Mazurs-Sawall





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